Menü
Teilen

Pflegekompetenzreform: Alles rund um Advanced Practice Nurses

Advanced Practice Nurses oder kurz APN zählen zu den am besten ausgebildeten Pflegekräften. Ihre Berufserfahrung wurde mit einem praktischen Pflegestudium erweitert. Allerdings ist das APN-Berufsbild in Deutschland beinahe gänzlich unbekannt. Mit der angekündigten Pflegekompetenzreform – Pflegefachkräften im Beruf mehr Entscheidungsfreiheit zuzusprechen – wird das Berufsbild APN attraktiver. Wie genau diese Rolle aussieht und warum die Charité ebenfalls APN einstellt, erfährst du in diesem Artikel.

Zwei Pflegerinnen posieren vor der Kamera in der Notaufnahme
"In Deutschland dürfen Pflegekräfte viel weniger, als sie können", sagt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Gut ausgebildetes Personal soll künftig mehr Entscheidungsspielraum bei der Ausübung ihrer Arbeit bekommen.

Einleitung: Darum muss sich etwas verändern

Eine verbesserte Versorgungsqualität für Patientinnen und Patienten, mehr Autonomie im Berufsalltag und eine damit einhergehende gesteigerte Wertschätzung der Pflegefachkräfte. So sieht der Pflegeberuf in anderen Ländern aus.  

Einer der Gründe: die Akademisierung der Pflege ist dort bereits fortgeschritten, wo sie in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt. Das Wissen und die Kompetenzen werden anderenorts höher anerkannt. Ob in Australien, den Philippinen oder in Irland – in vielen anderen Ländern übernehmen hoch spezialisierte Pflegekräfte Aufgaben, die hierzulande der Ärzteschaft vorbehalten sind.  

Advanced Practice Nurses oder auch Clinical Nurse Specialists genannt, können in diesen Ländern selbstständig Diagnosen stellen, Patientinnen und Patienten überweisen oder Medikamente verschreiben. Das entlastet zum einen die Ärzteschaft und zum anderen sorgt diese Autonomie für eine andere Wahrnehmung des Berufsbildes in der Gesellschaft. Vor allem der erweiterte Entscheidungsrahmen macht den Beruf für Pflegefachkräfte im Allgemeinen attraktiver. Es macht daher Sinn, dass dieses Berufsqualifikation nun auch in Deutschland Fuß fasst.  

Das soll nun auch gesetzlich geschehen. Das Bundesgesundheitsministerium hat just im Dezember 2023 Eckpunkte zu einer Reform der Pflegekompetenz vorgelegt. Hierfür hatte sich auch die Charité ausgesprochen und eingesetzt.

Zwei Pflegefachkräfte arbeiten gemeinsam an der Versorgung eines Patientens
Pflegefachkräfte, die in anderen Ländern den Beruf erlernt und ausgeübt haben, sind oft frustriert, wie eingeschränkt ihr Handlungsrahmen in Deutschland ist.

Was sind Advanced Practice Nurses?

Advanced Practice Nurse (APN) steht grob übersetzt für Pflegeexpertin bzw. Pflegeexperte. Das APN-Modell stammt aus den USA, wo es bereits seit den Sechzigerjahren erfolgreich umgesetzt wird. Aufgrund des Erfolges wurde es mittlerweile so oder so ähnlich auch in vielen anderen Ländern etabliert. Australien, Neuseeland, aber auch die Niederlande haben das Berufsbild der Pflegeexpertin oder des Pflegeexperten mit erweiterten Kompetenzen und Verantwortlichkeiten in einem spezialisierten (Fach-)Bereich bei sich eingeführt. Oftmals läuft das Modell aber unter einem anderen Namen wie Nurse Practitioner, Clinical Nurse Specialist oder Public Health Nurse. 

Grundlage ist in allen Ländern das Pflegestudium. Nun, wo die Akademisierung der Pflege auch in Deutschland Fahrt aufnimmt, wird der APN-Abschluss auch in Deutschland populär. 

Und das ist wichtig, denn der heutige Pflegealltag ist komplexer denn je. Die höhere Lebenserwartung bringt mehr Patientinnen und Patienten ins Krankenhaus, die an gleich mehreren Grunderkrankungen (Multimorbidität) leiden. Diese Erkrankungen beeinflussen sich gegenseitig und können mitunter komplexe Pflegephänomene verursachen.  

Daher muss heute der gesamte Pflegeprozess nicht nur anhand der Aufnahmediagnose geplant werden, sondern unter Berücksichtigung aller körperlichen, psychischen und sozialen Erkrankungen und Einschränkungen.  

Diese komplexen Pflegesituationen können durch hoch qualifizierte Pflegefachpersonen, beispielsweise Advanced Practice Nurses besser gesteuert werden, die Pflegeprobleme anhand von evidenzbasierten Assessments schneller erkennen und selbstständig Interventionen in die Wege leiten.   

Die Pflegeexpertinnen und Experten beraten Erkrankte zu ihren Krankheitsbildern, um Pflegerisiken zu minimieren oder zu vermeiden. Und sie übernehmen medizinisch delegierbare Tätigkeiten. Zudem evaluieren sie Interventionen auf Wirksamkeit, wertet diese evidenzbasiert aus und konzeptionieren entsprechende Handlungsanleitungen. Ziel dieser Spezialisierung ist in erster Linie eine höhere Qualität in der Versorgung von Patientinnen und Patienten. Es ist aber auch ein entscheidender Schritt den Pflegeberuf durch wissenschaftliche Akademisierung zu professionalisieren.

Eine Pflegerin wechselt bei einer Patientin den Verband.
Pflegefachkräfte arbeiten besonders eng am Patienten. Oft sind sie die ersten, die Veränderungen am Gesundheitszustand feststellen und reagieren müssen.

Wie wird man Advanced Practice Nurse?

Voraussetzung, um als Advanced Practice Nurse zu arbeiten, ist ein Master-Abschluss in Pflegewissenschaften oder als Advanced Practice Nurse. Für die Zusage zum Studienplatz ist wiederum eine gewisse Berufserfahrung notwendig: ein Ausbildungsabschluss zur Pflegefachkraft sowie mindestens zwei Jahre Berufserfahrung. Meist erfolgt daher das Studium berufsbegleitend oder als Fernstudium mit entsprechenden Präsenzeinsätzen.  

Im Studium steht dann die pflegerische Praxis auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse im Fokus. Dabei spezialisiert man sich auf einen Fachbereich oder ein Themenfeld. Die Regelstudienzeit beträgt drei Jahre für den Bachelor und zwei Jahre für den Masterabschluss.

Carla Eysel im Gespräch mit zwei Pflegenden, die Medikamente vorbereiten
Eine Aufgabe der APN wird es, die Ausgestaltung ihrer Rolle aktiv mitzugestalten.

Was sind die Vor- und Nachteile der Spezialisierung in Deutschland?

Die Spezialisierung von Pflegekräften zu Advanced Practice Nurses bringt eine Reihe von Vorteilen mit sich.

Verbesserte Pflegequalität – In allererster Linie kommt der erhöhte Wissensstand von APN durch die Kombination aus akademischer Ausbildung sowie angewandter Praxis den Patientinnen und Patienten zugute. Pflegekräfte, die versiert im Umgang mit zum Beispiel Diagnostik und Pharmakologie sind, können schneller und gezielter intervenieren bzw. allgemein eine Krankenversorgung auf neuester wissenschaftlicher Basis sicherstellen.

Verbesserter Karriere- und Gehaltsausblick – Ein höherer Bildungsabschluss öffnet Karriere-Türen und zahlt sich in der Regel auch finanziell aus. An der Charité werden Advanced Practice Nurses mit einem Master-Abschluss aktuell in der Entgeltgruppe E13 des TVöD-K eingestellt. Mit entsprechender Berufserfahrung liegt das Grundgehalt somit bei monatlich ca. 4.900 € brutto (E13, Stufe 3). Ab März 2024 liegt das Grundgehalt dann sogar bei monatlich ca. 5.390 € brutto (E13, Stufe 3).

Arbeiten auf Augenhöhe mit Ärzteschaft – Das multiprofessionelle Arbeiten interdisziplinärer Teams ist uns an der Charité besonders wichtig. Trotzdem gibt es mitunter starke Hierarchiegefälle. Durch die akademische Ausbildung der Advanced Practice Nurses verringert sich dieses Gefälle zwischen Ärzteschaft und Pflege jedoch. In anderen Ländern teilen sich die Berufsgruppen bestimmte Kompetenzfelder gleichberechtigt. Davon profitiert auch die Ärzteschaft, die zeitlich entlastet wird.

Gesellschaftliche Anerkennung steigt – In der Bevölkerung gibt es nach wie vor einige Vorurteile der Pflege gegenüber. Wir haben hier einen ganzen Artikel dazu geschrieben. In anderen Ländern, in denen der Pflegeberuf bereits vollständig akademisiert ist und in denen hoch spezialisierte Pflegekräfte autonom Befunde diagnostizieren oder Medikamente verschreiben dürfen, ist die Anerkennung deutlich höher. Durch die Etablierung von Advanced Practice Nurses und einer Anpassung der Rahmenbedingungen in Deutschland wird auch hierzulande die gesellschaftliche Anerkennung des Berufsbildes steigen.

Dies sind die wohl wichtigsten Vorteile, die für das Studium zur Advanced Practice Nurse sprechen. Jedoch gibt es auch Nachteile...

Ein ganz entscheidender Nachteil ist, dass aktuell in Deutschland noch nicht die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen sind, die den Advanced Practice Nurse Beruf in anderen Ländern so attraktiv machen. Viele Aufgaben sind und bleiben hierzulande aktuell noch der Ärzteschaft vorbehalten und dürfen maximal von diesen an die Pflegekräfte delegiert werden. Die fehlenden Befugnisse im eigenen Kompetenzrahmen selbstbestimmt Behandlungsschritte vorzunehmen oder Medikamenten zu verschreiben, wertet den Pflegeberuf ab.

Gerade wo wir in Deutschland auch auf Zuwanderung angewiesen sind, um den Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzuwirken, ist der eng gesteckte Kompetenzrahmen ein Hindernis. Viele Fachkräfte aus dem Ausland verlassen Deutschland wieder, da sie hier den von ihnen erlernten Beruf nicht im vollen Umfang ausüben dürfen. Allerdings ist bereits ein Umlenken der Politik erkennbar und eine neue Gesetzgebung zur Pflegekompetenz wird auf den Weg gebracht. Denn auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sagt “In Deutschland dürfen Pflegekräfte viel weniger als sie können”. Mehr zur geplanten Gesetzgebung kann z. B. hier nachgelesen (Website Bundesgesundheitsministerium) werden.

Dies begrüßen wir sehr und hatten uns gemeinsam mit anderen Kliniken und Partnern für solch eine Reform starkgemacht.

Eine Pflegerin untersucht einen Patienten.
Die Akademisierung der Gesundheitsfachberufe schreitet voran. An der Charité kannst du diesen Schritt in die Zukunft mitgestalten.

Blick in die Zukunft: Wird es mehr Advanced Practice Nurses geben?

Aufgrund der in Deutschland noch jungen Advanced-Practice-Nurse-Rolle, liegt der Fokus auf der Klärung der Stellenidentitäten. Das Kompetenzprofil muss angepasst und weiterentwickelt werden. Irland, Kanada, Schweden und viele weitere Länder können dabei als Vorbildfunktion genutzt werden.

Als Charité werden wir innerhalb der gesetzlichen Vorgaben alles daran zu setzen, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Advanced Practice Nurses bei uns zeigen dürfen, was sie können. Wir sind überzeugt, dass das Rollenprofil die Pflegequalität verbessert, gesundheitliche Risiken für Patientinnen und Patienten senkt und auch die Ärzteschaft entlastet.

Die professionellen und finanziellen Möglichkeiten einer APN an der Charité sollen den Stellenwert der Akademisierung der Pflege zeigen und die Attraktivität des Pflegeberufes steigern.

Durch die fortschreitende Akademisierung der Pflege, unterstützt durch das Pflegestudiumstärkungsgesetzt und das angekündigte Pflegekompetenzgesetz, wird es in mittelfristiger Zukunft deutlich mehr Pflegefachkräfte mit einem Bachelor- und Masterabschluss geben und somit dann auch Advanced Practice Nurses.

Wenn du bereits einen Advanced-Practice-Nurse-Abschluss besitzt, dann komm zu uns. Werde Pflegeexpertin bzw. Pflegeexperte in unseren spannenden Bereichen. Gestalte mit uns deinen Aufgabenbereich. Wir freuen uns auf dich. Offene Stellen findest du in unseren Stellenangeboten.

Zu den Stellenangeboten