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Krankenschwester: Sagt man das überhaupt noch?

Krankenschwester ist die wohl gängigste Bezeichnung für einen Beruf in der Pflege. Doch ist die Berufsbezeichnung überhaupt noch zeitgemäß? Wird damit impliziert, dass es ein Beruf ist, der überwiegend von Frauen ausgeführt wird? Und wo kommt die Anrede Schwester überhaupt her? In diesem Beitrag wollen wir diesen Fragen auf den Grund gehen.

Eine Aufnahme der "Charité Schwestern" in ihrem Speisesaal um 1909/1910. Die Zeiten und die Berufsanforderungen haben sich seitdem stark verändert, die Bezeichnung "Schwester" hat sich gehalten.*

Woher kommt die Bezeichnung “Krankenschwester”?

Historisch gesehen fußt die Bezeichnung Krankenschwester auf der Anrede der Ordensschwestern im Mittelalter, welche sich damals um Kranke kümmerten. Kirchliche Institutionen, vorrangig Klöster, spielten eine entscheidende Rolle in der Krankenversorgung der Gesellschaft. Die Ära der klösterlichen Krankenversorgung ging aber bereits im 12. Jahrhundert zu Ende.   

Die Berufsbezeichnung der Krankenschwester hat sich jedoch gehalten. Und dass, obwohl sich das Berufsbild insbesondere im Laufe der letzten Jahrzehnte stark verändert hat. Technische und medizinische Entwicklungen haben dazu beigetragen, dass Behandlungen und Pflegeaufgaben immer komplexer wurden und werden. Pflege ist schon lange nicht mehr “nur” Körperhygiene und Verbandswechsel.
Die Bezeichnung “Krankenschwester” hat diese Entwicklung nicht widergespiegelt. Im Gegenteil, “Schwester” wurde zunehmend als eine Form der Verniedlichung verstanden und untermauerte zudem das hierarchische Gefälle zwischen Pflege und Ärzteschaft.  

Um dieses Gefälle abzubauen und um die Professionalität, Komplexität und den Wert des Berufes anzuerkennen, wurde 2004 mit dem Krankenpflegegesetz die Bezeichnung “Krankenschwester” von der neuen Berufsbezeichnung “Gesundheits- und Krankenpflege” abgelöst. 2020 wurde diese Bezeichnung durch die Reform des Pflegeberufegesetzes durch "Pflegefachfrau bzw. Pflegefachmann" ersetzt. Aus “Schwester Mia” wurde “Pflegefachfrau Frau Mustermann”.   

Dabei stand und steht es natürlich den gelernten Krankenschwestern frei, welche Berufsbezeichnung sie fortan nutzen wollten. Nicht jede Kollegin störte sich an dem Wort. Zudem kann die alte Bezeichnung auch in der Kommunikation mit Patientinnen und Patienten hilfreich sein. Das Wort “Schwester” baut Nähe auf und Hemmungen ab, was gerade für Patientinnen und Patienten in schambehafteten Situationen von Vorteil ist.

3 Pflegekräfte halten Absprache
In Deutschland arbeiten deutlich mehr Frauen in den Pflegeberufen als Männer. Das muss sich ändern.

Krankenschwester: Ganz klar Frauensache?

Die Pflege von Kranken zählt zu den sogenannten “Care-Berufen” bzw. zur “Sorge-Arbeit”. Dieser Begriff leitet sich aus dem englischen “sich kümmern” oder „sorgen für“ ab und beschreibt bezahlte und unbezahlte Tätigkeiten, die sich an den unmittelbaren persönlichen Bedürfnissen anderer orientieren. Das kann unter anderem der Haushalt sein, die Kindererziehung oder die Pflege von Alten und Kranken. Diese Arbeiten werden in Deutschland überwiegend von Frauen übernommen. Das spiegelt sich auch am Geschlechterverhältnis in der Pflege wider. In Deutschland waren 2021 mehr als vier von fünf Pflegenden weiblich. (Quelle: Arbeitsagentur - pdf)  

Zwar ergreifen auch zunehmend Männer Pflegeberufe, das Verhältnis bleibt aber unausgeglichen. Das ist historisch gewachsen, denn die Pflege war früher die Aufgabe der Ordensschwestern. Und auch später wurden Frauen für lange Zeit von den originär medizinischen Berufen – mit Ausnahme der Pflege – ausgeschlossen. So durften Frauen erst 1899 offiziell Medizin studieren, etwa 600 Jahre nachdem die ersten Medizinstudiengänge angeboten wurden. All dies hat dazu beigetragen, dass sich das Stereotyp der “in weiß gekleideten Krankenschwester”, in den Köpfen der Menschen verfestigt hat.

Rahel Hirsch, die erste Professorin der Medizin Deutschlands, in ihrem Labor an der Charité. Vermutlich 1911. Hirsch studierte Medizin erst in Zürich, weil das Studium in Deutschland zur damaligen Zeit Männern vorbehalten war.*

Zwar hat die Realität mit diesem Klischee-Bild wenig zu tun, Pflege wird aber weiterhin oftmals als “Frauenberuf” wahrgenommen. Für Männer galt die Bezeichnung "Pfleger“, welche allerdings mit dem klassischen Bild von Männlichkeit nicht verbunden ist. Das hat junge Männer oft davon abgehalten, diesen Beruf als möglichen Karriereweg zu berücksichtigen. Die offizielle Ausbildungsbezeichnung Pflegefachfrau bzw. Pflegefachmann ist wertfreier im Bezug auf das Geschlecht. Sie kann dazu beitragen, langfristig mit den Klischees zu brechen.

Ein Gesundheits- und Krankenpfleger der neurologischen Intensivstation im Einsatz
Nur jede vierte Pflegekraft ist männlich. Dieser Pfleger arbeitet auf der Neuro-Intensivstation am Campus Mitte der Charité. Und hat damit einen besonders abwechslungsreichen, spannenden und sinnstiftenden Job.

Ist die Berufsbezeichnung Krankenschwester noch zeitgemäß?

Ist die Bezeichnung Krankenschwester nun noch aktuell? Die Frage kann ganz klar mit einem “Jain” beantwortet werden. Die ehemalige Berufsbezeichnung hat zum einen einen starken Geschlechtsbezug, zum anderen wird mit ihr oftmals ein falsches Klischee-Bild assoziiert. Quasi das Bild der fürsorglichen, mütterlichen Pflegerin im weißen Outfit. Dies ist eine Verniedlichung der Profession und wertet den Beruf hierarchisch ab.

Durch die Reform und die neue Berufsbezeichnungen “Gesundheits- und Krankenpflege” bzw. seit 2020 “Pflegefachfrau und Pflegefachmann” wird ein professionelleres Bild des Berufs vermittelt, das der Komplexität der Aufgaben Rechnung trägt. Nichtsdestotrotz bezeichnen sich viele weibliche Pflegende nach wie vor als “Schwestern”.   

Der Begriff “Krankenschwester” ist auf Station geläufig und wird völlig wertfrei benutzt. Insbesondere die, die einmal Krankenschwester gelernt haben, bleiben gerne bei ihrer alten Berufsbezeichnung. Und das ist natürlich auch völlig in Ordnung und jeder Kollegin selbst überlassen. Zumal der Begriff “Krankenschwester” auch in der Kommunikation mit Patientinnen und Patienten helfen kann. Er vermittelt Vertrautheit, was den psychosozialen Aspekt der Pflege unterstützen kann. Beispielsweise bei der Betreuung von Patientinnen und Patienten, die schlechte Nachrichten erhalten haben oder sich in einer schambehafteten Situation befinden.   

In unseren Stellenausschreibungen benutzen wir das Wort “Krankenschwester” jedoch nicht mehr. Uns ist es wichtig, dass sich alle direkt von dem Job angesprochen fühlen, ganz gleich welchen Geschlechts. Die Charité lebt Diversität. Wir freuen uns, wenn Männer, Frauen und all jene, die dazwischen oder außerhalb liegen, den spannenden und abwechslungsreichen Pflegeberuf kennen- und lieben lernen.   

Du hast Lust, in der Pflege zu arbeiten? Dann komm zu uns!   

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*Hinweis zur Bildquelle 
Die im Beitrag gezeigten historischen Bilder stammen aus der Bibliothek & Sammlung Medical Humanities des Instituts für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin – Universitätsmedizin Charité.